Barrierearm zur „Freiheit“ und auf den Kappelberg
Welches Ausflugsziel ist mit Kinderwagen gut zu erreichen oder wo gibt es beim Wandern möglichst wenige Stolperfallen für Gehbeeinträchtigte? Die Zertifizierung der Wege als „barrierearm“ ist hierbei ein wichtiger Hinweis für Wanderer und Freizeitausflügler. Wenige Monate vor dem Start des 121. Deutschen Wandertags (3. bis 7. August 2022) in Fellbach und im Remstal sind in den vergangenen Monaten zwei weitere Wanderweg mit diesem Label ausgezeichnet worden. Der 5,5 Kilometer lange Wanderweg FE7 am Kappelberg und der 3,8 Kilometer lange „Besinnungsweg“ in Fellbach-Oeffingen tragen nun die bundesweite Kennzeichnung „Reisen für alle“, die vom Deutschen Seminar für Tourismus (DSFT) Berlin e.V. verliehen wird. Die Grundlagen für das Kennzeichnungssystem wurden gemeinsam von Betroffenenverbänden und touristischen Verbänden erarbeitet.
Fellbachs Oberbürgermeisterin Gabriele Zull und der Präsident des Schwäbischen Albvereins Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß überreichten die offizielle Urkunde an Paul Rothwein, Vorsitzender des Besinnungsweg e.V. und an Dieter Wolf, Wegewart der Albvereins-Ortsgruppe Fellbach. Die Zertifizierung zeige einmal mehr, dass sich Fellbach in vielen Bereichen um das Thema Barrierefreiheit bemühe, betonte Gabriele Zull. „Es ist auch für Menschen mit einer Behinderung extrem wichtig, dass sie mitmachen können sowie unsere schönen Wege und andere Einrichtungen genießen können.“ Die neue Auszeichnung sei ein weiterer Schritt hin zur gelebten Inklusion – dies sei vor allem auch im Hinblick auf den kommenden Deutschen Wandertag ein wichtiges Zeichen, spielt doch erstmals in der Geschichte dieses Events die Inklusion eine große Rolle.
Die Aufwertung des Besinnungswegs wird auch von Albvereinspräsident Rauchfuß sehr begrüßt. „Menschen halten sich gerne draußen auf. Sie wollen die Natur genießen und sich dabei möglichst frei bewegen können. Das ist hier nun möglich“, betonte er. Er freue sich sehr, dass es im Remstal insgesamt nun neun zertifizierte Wanderwege gibt. Außerdem sind nicht nur die Wege zertifiziert worden, sondern auch wichtige touristische Informationspunkte wie die Touristinfo von Remstal Tourismus im Bahnhof in Endersbach, die Touristinfo in Waiblingen sowie das Weingut Mayerle in Remshalden. Das Weingut Klopfer in Weinstadt und die Stadtinfo in Schorndorf sind derzeit noch in der Auswertung. Der Remstal Tourismus, zuständig für die Zertifizierungen, arbeitet ständig daran, noch weitere Wanderwege und Einrichtungen zu einer Zertifizierung für Menschen mit Beeinträchtigung aller Art entsprechend weiterzuentwickeln.
Paul Rothwein freut sich über die neue Bewertung. „Wir sind sehr froh und dankbar über die Auszeichnung“, sagte er. Die klare Ausweisung erleichtere den Menschen die Planung und es gäbe keine unliebsamen Überraschungen beim Wandern. Ein hürdenloser Weg sei für viele bei der Auswahl des Weges – neben der Natur oder der Kunst – ein ausschlaggebendes Kriterium. „Die Zertifizierung ist sehr positiv für den Besinnungsweg, Barrieren abbauen ist das A und O“, betonte Rothwein.
Maßgeblich beteiligt an der Entstehung des neuen Wanderwegs FE 7 war der Wegewart Dieter Wolf, der Ortsgruppe Fellbach des Schwäbischen Albvereins. Die Wegeführung wurde extra für den Deutschen Wandertag konzipiert und passend beschildert. Die Ehrenamtlichen des Fellbacher Projekts Hürdenlos unterstützten Dieter Wolf intensiv bei der Ausarbeitung. Wolf ist vor allem von der Umgebung rund um den Kappelberg begeistert. „Die Menschen können sich hier in einer tollen und ansprechenden Umgebung bewegen – ohne von großen Hürden ausgebremst zu werden“, so Wolf. Der FE7 sei eine wunderbare Wegstrecke, auf der Menschen mit Mobilitätseinschränkung sicher mit ihrer Begleitung unterwegs sein könnten. Auch passende Toiletten und Parkplätze sind in direkter Umgebung zu finden.
Damit ein Wanderweg mit dieser Zertifizierung versehen wird, muss er verschiedene Kriterien erfüllen; diese werden von unabhängigen, speziell geschulten Erhebern geprüft. So muss ein Wanderweg beispielsweise durchgängig 180 Zentimeter breit sein, bei einem schmaleren Wegabschnitt müssen in ausreichenden Abständen Begegnungsflächen mit 180 cm Breite und 180 cm Tiefe vorhanden sein. Er darf keine Treppen geben. Er muss eine maximale Längsneigung von 18 Prozent auf einer Länge von maximal 20 Metern haben und muss leicht begeh- und befahrbar sein, etwa durch Asphaltbelag, ebenes Natursteinpflaster mit gleichartiger Oberflächenqualität oder Betonsteinpflaster. Mindestens beim Ein-/Ausstieg des Wanderwegs muss sich in höchstens 250 Metern Entfernung vom Wanderweg ein Parkplatz befinden.
Ein wichtiges Merkmal der zertifizierten Wege und Einrichtungen ist zudem, dass ausführliche Informationen vorliegen und diese für jeden abrufbar sind, etwa auf der Webseite von „Reisen für Alle“, den kommunalen Homepages, beim ADAC und bei Homepages diverser Behindertenverbände.
Seit dem 1. Januar 2020 ist die Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg (TMBW) offizieller Lizenznehmer des Zertifizierungssystems „Reisen für Alle“. Remstal Tourismus e.V. hat seit diesem Zeitpunkt eine Unterlizenz für das Remstal erworben, somit betreut der Verein alle Zertifizierungen etwa für Wanderwege, Gastronomie, Weingüter, Besenwirtschaften, Freizeitanbieter oder Touristinformationen.
Der Deutsche Wandertag ist das größtes Wanderevent weltweit. Seit über 120 Jahren lädt der Deutsche Wanderverband (DWV) gemeinsam mit einem Mitgliedsverein und regionalen Partnern zur Erkundung einer Wanderregion in Deutschland ein. Jedes Jahr folgen über 30.000 Wanderer dieser Einladung. Beim Deutschen Wandertag 2022 vom 3. bis 7. August 2022 übernehmen der Schwäbische Albverein und die Kommunen im Remstal die Rolle der Gastgeber. „Wandertagshauptstadt“ und somit Wandertagsmittelpunkt ist die Stadt Fellbach am Fuße des 470 Meter hohen Kappelbergs.